Kreditderivate

Kreditderivate
1. Begriff: K. sind Finanzderivate ( Derivate), die es ermöglichen, ein Kreditexposure (d.h. potenzielles Ausfallvolumen) außerbilanziell zu erhöhen oder zu verringern. Durch K. wird Kreditexposure vom Käufer zum Verkäufer übertragen. K. haben für den Käufer somit Versicherungscharakter.
- 2. Einteilung: a) Bei ereignisbezogenen K. werden typischerweise im Fall eines Credit Events bei der zugrunde liegenden Adresse Zahlungen vom Verkäufer des K. an den Käufer geleistet. Ein Credit Event ist ein Ereignis, das einen Ausfall oder eine Verschlechterung der Bonität einer Adresse anzeigt, wie z.B. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (ausfallbezogene K.), die Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen oder eine sich verschlechternde Bonitätseinstufung durch eine Rating-Agentur (ratingbezogene K.). Grundsätzlich sind die beteiligten Parteien frei in der Definition des Credit Events. Da die Zahlungen aus dem K. jedoch direkt vom Eintritt eines Credit Events abhängen, ist eine eindeutige Definition und eine unabhängige Überprüfbarkeit dieses Ereignisses von zentraler Bedeutung.
- b) Bei marktpreisbezogenen K. basieren die Zahlungen zwischen den beteiligten Parteien auf der Performance eines bestimmten Finanzinstruments bzw. dessen relativer Performance zum Markt. Grundlegende Idee hierbei ist, dass sich Verschlechterungen in der Bonität einer Adresse negativ auf die Performance eines von ihr emittierten Finanzinstruments auswirken. Bei marktpreisbezogenen K. werden typischerweise im Fall einer guten Performance Zahlungen vom Käufer an den Verkäufer des K., im Fall einer schlechten Performance Zahlungen vom Verkäufer an den Käufer des K. geleistet.
- 3. Funktion: In Abhängigkeit der genauen Spezifikationen des K. erhält der Käufer im Fall einer Bonitätsverschlechterung der zugrunde liegenden Adresse vom Verkäufer Zahlungen aus dem K. Falls beim Käufer ein Kreditexposure bez. der zugrunde liegenden Adresse besteht, so können Verluste aus Wertberichtigungen auf diese Kredite durch Gewinne aus Zahlungen aus dem K. ausgeglichen werden. Durch den Kauf des K. hat der Käufer somit sein Kreditexposure bez. der zugrunde liegenden Adresse verringert. Im Gegenzug entstehen dem Verkäufer des K. Verluste aus den von ihm zu leistenden Zahlungen. Sein Kreditexposure bez. der zugrunde liegenden Adresse hat sich durch den Verkauf des K. erhöht.
- 4. Vorteile: Durch die Übertragung von Kreditexposure durch K. ist es möglich,  Kreditrisiken separat zu handeln, unabhängig von bilanziellen Beständen z.B. des Kredit- oder Wertpapierportfolios und den damit verbundenen Marktpreis- und  Liquiditätsrisiken. Es können Kreditrisikopositionen begründet, geschlossen oder verändert werden, ohne dass sich die aktuelle Marktpreisrisikoposition oder Liquiditätssituation wesentlich ändert. Dieses führt zu einer Vereinfachung und Flexibilisierung des Kreditrisikomanagements. Durch K. können auf einfache Weise Kreditkonzentrationen reduziert oder der Diversifikationsgrad des Portfolios erhöht werden, ohne dass originäre Kreditbeziehungen geschaffen oder abgebrochen, Ausleihungen reduziert oder erhöht werden. K. erlauben mithin ein Kreditrisikomanagement ohne Beeinträchtigung der Bank-Kunde-Beziehung.
- 5. Arten: In der Praxis haben sich bisher im Wesentlichen die folgenden Produkte herausgebildet: a) Credit Default Swap bzw. Credit Default Option: Credit-Default-Produkte ähneln von ihrer Struktur her einer herkömmlichen  Garantie; die Prämie bemisst sich im Wesentlichen nach dem Nominalwert des zugrunde liegenden Finanzinstruments und der Bonität der zugrunde liegenden Adresse. Z.T. werden Credit-Default-Produkte dahingehend unterschieden, ob Physical Settlement oder Cash Settlement vereinbart ist. Ist Physical Settlement vereinbart, so muss der Begünstigte tatsächlich im Besitz des zugrunde liegenden Finanzinstruments sein, um es im Fall eines Credit Events auch liefern zu können (sog. Credit Default Swap). Ist hingegen Cash Settlement vereinbart, so ist die physische Lieferung ausgeschlossen und somit der Besitz des Finanzinstruments nicht notwendige Voraussetzung zur Abwicklung (sog. Credit Default Option).
- b) Credit Linked Note: Eine Credit Linked Note ist eine strukturierte Schuldverschreibung, die als derivative Komponente eine Credit Default Option enthält. Hierbei ist der Verkäufer der Schuldverschreibung der Begünstigte aus dem darin enthaltenen Derivat.
- c) Total Return Swap: Beim Total Return Swap wird der Ertrag des zugrunde liegenden Finanzinstruments gegen einen anderen Ertrag getauscht.
- d) Equity Swap: Der Equity Swap ist ein Total Return Swap, bei dem das zugrunde liegende Finanzinstrument eine  Aktie ist. Es folgt somit ein Tausch der Erträge der Aktien gegen einen sonstigen Ertrag.
- e) Credit Spread Option: Die Credit Spread Option ist eine Option auf den  Spread zwischen zwei Finanzinstrumenten, von denen mindestens eins einem Kreditrisiko unterliegen muss. Credit Spread Option sind in verschiedenen Ausprägungen denkbar. Ihre zugrunde liegende Variable oder Underlying kann sowohl ein Rendite- als auch ein Preisunterschied sein, sie können sich auf Zins- und Dividendentitel beziehen, und sie können verschiedenste, auch exotische, Auszahlungsprofile und -bedingungen haben.
- f) Credit Spread Forward: Der Credit Spread Forward ist ein  Termingeschäft auf den Spread zwischen zwei Finanzinstrumenten, von denen mindestens eins einem Kreditrisiko unterliegen muss. Damit gehört der Credit Spread Forward zur Gruppe der marktpreisbezogenen K. Auch Credit Spread Forward sind in verschiedenen Ausprägungen denkbar. In Analogie zur Credit Spread Option kann ihre zugrunde liegende Variable oder Underlying ein Preis- oder Renditespread sein, und sie können sich auf Zins- oder Dividendentitel beziehen. Literatursuche zu "Kreditderivate" auf www.gabler.de

Lexikon der Economics. 2013.

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